„Müssen die Weisheitszähne raus oder kann ich mir den Eingriff auch ersparen?“ Diese Frage beschäftigt viele unserer Patienten, gerade jüngere. Leider lässt sie sich nicht pauschal beantworten. Wann eine Entfernung sinnvoll ist und wann nicht, haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengefasst.

Warum die Nachzügler so häufig stören

Wenn die Weisheitszähne so vielen Menschen Probleme machen, warum haben wir sie dann überhaupt? Die Nachzügler in unserem Gebiss sind ein Überbleibsel aus einer Zeit, als sich unsere Vorfahren noch vorwiegend von Rohkost und harten Speisen ernährten. Heute hat sich nicht nur unsere Ernährung verändert, sondern auch unser Kiefer: Er ist kleiner geworden, wodurch sich die Weisheitszähne häufig auf Kollisionskurs zu ihren Nachbarn befinden. Durch ihre Lage lassen sie sich außerdem schwer putzen und neigen daher zu Karies.

Müssen Weisheitszähne raus, wenn ich keine Beschwerden habe?

Das ist die große Frage. Früher haben viele Zahnärzte pauschal zur vorsorglichen Entfernung der Weisheitszähne geraten – auch bei völlig beschwerdefreien Patienten. Zum Kauen benötigen wir die sogenannten „Achter“, wie sie im Fachjargon heißen, heutzutage nicht mehr. Andererseits bringt jede Weisheitszahn-OP natürlich Unannehmlichkeiten für den Patienten mit sich. Unmittelbar nach der Operation treten Schmerzen und Schwellungen auf, die sich durch Kühlen und Schmerzmittel aber gut behandeln lassen. In seltenen Fällen kann es zu Komplikationen, wie etwa Entzündungen oder einer Beschädigung von Nervenfasern, kommen. Für Patienten, die später niemals Beschwerden mit ihren Weisheitszähnen haben würden, bringt die Entfernung insgesamt keine Vorteile.

Das Problem: Ob die Weisheitszähne später Probleme machen werden, das weiß man im Voraus nicht mit völliger Sicherheit. Der Zahnarzt kann aber anhand ihrer Form und Lage im Kiefer abschätzen, ob ein hohes oder ein geringes Risiko für spätere Beschwerden besteht.

Müssen die Weisheitszähne raus, dann sollte das jedenfalls möglichst bald geschehen. Denn bis etwa zum 25. Lebensjahr sind die Zahnwurzeln noch nicht vollständig entwickelt, der Eingriff verläuft daher meist komplikationsloser. Empfehlenswert ist es daher, noch im Teenager-Alter eine individuelle Risiko-Abschätzung durch den Zahnarzt vornehmen zu lassen. Bei seiner Entscheidung, ob die Weisheitszähne raus müssen oder bleiben können, wird sich der Zahnarzt vor allem an folgenden Fragen orientieren:

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Weisheitszähne ordnungsgemäß entwickeln können? Ist genügend Platz im Kiefer?
  • Sind krankhafte Veränderungen an den Weisheitszähnen zu erwarten oder sogar schon eingetreten? Ist voraussehbar, dass die Weisheitszähne zu Schäden an den Nachbarzähnen führen werden?
  • Welche Komplikationen könnten bei der Operation auftreten?

Müssen Weisheitszähne raus, wenn sie nicht bis zum 25. Lebensjahr durchbrechen?

Bei bis zu 80 Prozent aller jungen Erwachsenen bleiben die Weisheitszähne ganz oder zum Teil im Kiefer zurück. Früher galt die Empfehlung, solche Zähne zu entfernen, da sie später womöglich Probleme verursachen. Heute ist man damit etwas zurückhaltender. Bei vielen Patienten sind die Weisheitszähne tief im Kieferknochen eingeschlossen – und bleiben da häufig ein Leben lang. Ist es aufgrund ihrer Lage schwierig, an die Zähne heranzukommen, oder liegen sie nah an einem Nerv, dann besteht bei einer Operation ein höheres Risiko für Komplikationen. Sind die Zähne gesund, dann ist es für den Patienten wahrscheinlich vorteilhafter, auf den Eingriff zu verzichten. Weisen sie allerdings krankhafte Veränderungen auf, dann müssen die Weisheitszähne raus.

Müssen Weisheitszähne raus, wenn sie nur teilweise durchbrechen?

Eine ungünstigere Situation liegt vor, wenn die Weisheitszähne nur unvollständig durchbrechen. Denn zwischen Zahnfleisch und Zahn bilden sich dann Schlupfwinkel, in denen sich Speisereste ansammeln und Bakterien vermehren können. Eine häufige Folge sind Infektionen, die sich durch Schmerzen, Schwellungen des Zahnfleischs, Mundgeruch und eventuell auch leichtes Fieber bemerkbar machen. Manchmal bilden sich Zysten, die unbehandelt den Kieferknochen schädigen können. Kommt es zu solchen Problemen, wird der Zahnarzt zur Entfernung der Weisheitszähne raten.

Müssen Weisheitszähne raus, wenn wenig Platz im Kiefer ist?

In einem zu engen Kiefer können sich die Weisheitszähne nicht normal entwickeln. Manchmal drücken sie durch ihr Wachstum auf ihre Nachbarn und beschädigen diese dadurch. Häufig verschieben sie auch die gesamte Zahnreihe und rufen so Zahnfehlstellungen hervor. Dadurch kann im schlimmsten Fall der Erfolg einer kieferorthopädischen Zahnkorrektur zunichte gemacht werden. Bei einigen Patienten verursacht der Druck der Weisheitszähne auch einen chronischen Kiefer- oder Gesichtsschmerz. Ist voraussehbar, dass solche Probleme auftreten werden, dann müssen die Weisheitszähne raus.

Müssen Weisheitszähne raus, wenn sie schief oder verdreht liegen?

Ähnlich ungünstig ist es, wenn die Weisheitszähne in einem schrägen Winkel im Kiefer liegen und sich daher nicht richtig in die Zahnreihe einordnen. Die Krone eines schräg wachsenden Weisheitszahnes kann so starken Druck auf den Nachbarzahn ausüben, dass dessen Zahnbett oder Zahnwurzel erheblich geschädigt werden. Ist ein Weisheitszahn eine Gefahr für den benachbarten Backenzahn, dann sollte er raus. Gleiches gilt, wenn der Weisheitszahn durch seine Position das Zusammenbeißen der Zähne erschwert.

Müssen Weisheitszähne raus, wenn sie von Karies befallen sind?

Weil sie so weit hinten liegen, lassen sich Weisheitszähne mit der Zahnbürste nur schwer erreichen. Häufig stehen sie so eng am Nachbarzahn, dass auch der Zahnzwischenraum kaum gereinigt werden kann. Da sich auf diese Weise Schmutznischen bilden, sind Weisheitszähne und die benachbarten Backenzähne überdurchschnittlich häufig von Karies betroffen. Auch in solchen Fällen empfiehlt sich eine Entfernung der Weisheitszähne.

Wann dürfen Weisheitszähne bleiben?

Andererseits gibt es Situationen, in denen die Weisheitszähne nicht unbedingt entfernt werden müssen. In diesen Fällen können Sie sich den Eingriff wahrscheinlich ersparen:

  • Wenn die Zähne gesund sind, genug Platz haben und es zu erwarten ist, dass sie sich korrekt in die Zahnreihe einfügen werden.
  • Wenn die Zähne gesund sind und so tief im Kieferknochen verborgen liegen, dass bei dem Eingriff Komplikationen auftreten könnten.
  • Wenn durch eine kieferorthopädische Behandlung sichergestellt wird, dass sich die Weisheitszähne normal entwickeln können.

Die Entscheidung „Müssen die Weisheitszähne raus oder nicht“ ist also immer von den individuellen Voraussetzungen abhängig. Um abzuschätzen, wie sich die Weisheitszähne entwickeln werden, wird der Zahnarzt zunächst ein Röntgenbild anfertigen. Bei tief in den Kieferknochen verlagerten Weisheitszähnen macht man häufig auch eine dreidimensionale Röntgenaufnahme, eine sogenannte digitale Volumentomografie (DVT).

Mithilfe dieser Röntgenaufnahmen kann der Zahnarzt die Chancen und Risiken einer Weisheitszahn-Entfernung fundiert beurteilen. Gemeinsam mit dem Patienten wird er überlegen, ob die Operation im konkreten Fall sinnvoll ist oder ob der Eingriff mehr schadet als nützt. Falls Sie weitere Fragen zum Thema Weisheitszähne haben, stehen wir Ihnen in unserer Praxis gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung!

 

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