Drei Viertel der Deutschen haben Angst vor dem Zahnarzt. Bei jedem Zehnten ist die Angst so groß, dass er den Gang in die Zahnarztpraxis aufschiebt – auch wenn er bereits unter Zahnschmerzen leidet. Eine solche Zahnbehandlungsphobie gefährdet die Zahngesundheit und kann zu bleibenden Schäden führen. Damit es soweit nicht kommt, können Angstpatienten ihre Zahnarztphobie mit Hilfe sanfter Methoden bewältigen.

Ist das noch Angst oder schon Phobie?

Die Grenzen zwischen einer normalen Nervosität und einer tatsächlichen Phobie sind fließend, aber eine ungefähre Abgrenzung ist möglich. Wenn Sie den Besuch beim Zahnarzt aufschieben, obwohl Sie bereits unter Symptomen oder Schmerzen leiden, handelt es sich nicht mehr um ein harmloses Unwohlsein. Allein der Gedanke an den Zahnarztbesuch kann bei Menschen mit einer Zahnarztphobie Schweißausbrüche, Schlafstörungen oder Herzrasen auslösen. Wer unter einer solchen Phobie leidet, nimmt die jährlichen Kontrollbesuche nicht mehr wahr. Im  schlimmsten Fall liegt der letzte Termin schon Jahre zurück.

Ergründen Sie die Ursachen für Ihre Angst

Um die Angst vor dem Zahnarzt in den Griff zu bekommen, sollten Sie zunächst die Ursachen kennen. Wie weit reicht die Angst beispielsweise zurück? Häufig sind schlechte Erfahrungen in der Kindheit die Ursache für die Angst vorm Zahnarzt: Sei es, weil die Behandlung einfach schmerzvoll war. Oder weil man den Zahnarztbesuch nie kennengelernt hat, bevor die erste Behandlung erfolgte. Zahnarzttypische Geräusche oder Gerüche werden in Verbindung mit dieser negativen Erfahrung abgespeichert und können sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder wachrufen.

Nicht selten „erben“ Kinder die Angst vor dem Zahnarzt auch von ihren Eltern, da sie deren Verhaltensweisen übernehmen: Jeder zehnte Angstpatient berichtet, dass auch mindestens ein Elternteil Angst vor dem Zahnarzt hat. Verstärkt wird die Angst oftmals durch ein Gefühl der Hilflosigkeit auf dem Patientenstuhl oder die Scham darüber, die Zahnpflege lange Zeit vernachlässigt zu haben. Das Vermeiden von Zahnarztbesuchen erhält die Phobie jedoch aufrecht, da die negativen Assoziationen so nicht durch positive Erfahrungen ersetzt werden können.

So überwinden Sie Ihre Angst vorm Zahnarzt auf sanfte Weise

Ein Zahnarztbesuch muss heute nicht mehr mit Schmerzen, grellem Licht und unangenehmen Gerüchen und Geräuschen in Verbindung stehen. Behandlungstechniken haben sich weiterentwickelt und zahlreiche Zahnärzte haben sich speziell auf den Umgang mit Angstpatienten spezialisiert. Während früher vielleicht noch die Vollnarkose die einzige Lösung war, gibt es nun eine Vielzahl sanfter Alternativen, um die Angst vorm Zahnarzt auch nachhaltig zu bekämpfen.

Natürliche Mittel gegen die Angst vorm Zahnarzt

Wem es vor dem nächsten Zahnarztbesuch schaudert, sollte es zuerst mit sanften Beruhigungstricks versuchen. Vor dem Termin können Angstpatienten zur Linderung der Nervosität Tees mit beruhigender Wirkung trinken. Dafür eignen sich zum Beispiel Baldrianwurzel, Lavendelblüten, Hopfenzapfen oder Passionsblumenkraut. Da manche Kräuter noch andere Wirkungen haben, sollten Sie vorher mit Ihrem Arzt besprechen, welche Tees geeignet sind. Die einfachste Strategie, um die Angst vor dem Zahnarzt zu vergessen, ist Ablenkung. Diese kann beispielsweise durch Musikhören, Hörspiele oder Videos während der Behandlung erreicht werden. Sie lenken nicht nur die Aufmerksamkeit weg von der Behandlung. Sie übertönen auch akustisch die Behandlungsgeräusche, die für viele Angstpatienten unangenehm sind.

Gehen Sie nicht zur nächstbesten Praxis

Gerade wenn Sie Angst vorm Zahnarzt haben, sollte Sie sich in aller Ruhe eine passende Praxis suchen. Achten Sie dabei auf folgende Aspekte:

  • Zahnarzt und Praxisteam sind auf Patienten mit negativen Erfahrungen spezialisiert: Wenn Sie sowieso schon Angst verspüren, hilft Ihnen ein flapsiger Spruch und eine stillschweigende Behandlung in keinem Fall weiter. Lernen Sie die Praxis also erst einmal kennen, sprechen Sie mit Arzt und Team über Ihre Angst, damit diese sich darauf einstellen können. Achten Sie auch darauf, dass Arzt und Assistenten Ihnen die Behandlung erklären. Es kann schon helfen zu wissen, was eigentlich gerade im Mund passiert!
  • Suchen Sie sich eine Praxis mit angenehmem Ambiente: Grelles Neonlicht und weiße Wände mit schrecklicken Grafiken von Zahnkrankheiten? Nicht besonders entspannend. Schauen Sie sich lieber in Ruhe nach einer Praxis um, in der Wert auf ein Wohlfühl-Ambiente gelegt wird. Und wenn Sie dafür vielleicht einige Kilometer reisen müssen – es zahlt sich aus, wenn Sie dadurch Ihre Angst vorm Zahnarzt überwinden können und endlich die Zahnschmerzen los sind!

Zusätzliche Sicherheit kann ein im Voraus vereinbartes Handzeichen geben, mit dem der Patient jederzeit die Behandlung unterbrechen kann.

Darüber hinaus hilft es manchen Patienten, sich von einer vertrauten Person begleiten zu lassen oder sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Eine positive Erfahrung einer Person, die an ähnlichen Ängsten leidet, kann dazu beitragen, das Vertrauen in eine schmerzfreie Behandlung zurückzugewinnen. Und ist manchmal überzeugender als Fachinformationen von Experten. In Patientenforen, wie zum Beispiel dem der Landeszahnärztekammer Bayern, können Sie nachlesen, wie andere Patienten ihre Ängste meistern.

Entspannung ist der Schlüssel zu einer stressfreien Behandlung

Neben beruhigender Musik kann auch Meditation die Angst vor dem Zahnarzt lindern. Für den Zahnarztbesuch eignen sich vor allem passive Meditationsformen, die keine körperliche Bewegung erfordern und im Sitzen durchgeführt werden.
Bei der Konzentrationsmeditation beispielsweise fokussieren Sie in Gedanken ein Objekt oder eine angenehme Situation, wodurch angstauslösende Gedanken in den Hintergrund rücken. Für die transzendentale Meditation wiederholen Sie in Gedanken kontinuierlich ein bestimmtes Wort oder eine Wortfolge, das sogenannte Mantra. Die Wiederholung hält wach, beruhigt den Geist und lenkt die Konzentration weg von der Behandlung.

Wer keine Übung in Meditationstechniken hat oder sich mit der Umsetzung schwertut, kann seine Vorstellungskraft zur Hilfe nehmen. Dafür schließen Sie die Augen und unternehmen in Gedanken eine fiktive Reise, die Sie Angst und Nervosität vergessen lassen. Je detailreicher Sie sich die Phantasiereise ausmalen, desto besser lenkt sie ab.A uch mit Hilfe der progressiven Muskelentspannung kann man sich in einen Entspannungszustand versetzen. Dafür spannt der Patient bewusst einzelne Muskelgruppen im Körper an, hält die Spannung kurz und entspannt die Muskeln wieder. Dabei kann man zum Beispiel von unten nach oben oder von oben nach unten durch den Körper „wandern“. Die Konzentration auf die gezielte An- und Entspannung der Muskeln lenkt die Gedanken ab von der Behandlungssituation.

Als eine Sonderform der Hypnose kann das Autogene Training dabei helfen, Ängste und eventuelle Schmerzen während der Behandlung auszublenden. Dabei versetzen Sie sich mit Hilfe seiner eigenen Vorstellungskraft (Autosuggestion) selbst in einen Zustand der Tiefenentspannung. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen und denken Sie zum Beispiel an eine angenehme Aktivität. Das Autogene Training lässt sich einfach auf dem Zahnarztstuhl durchführen, setzt jedoch eine gewisse Vorerfahrung  voraus. Zwar kann die Selbsthypnose Ängste ausblenden, garantiert alleine aber keine schmerzfreie Behandlung.

Angst vorm Zahnarzt langfristig mit dem Fünf-Sitzungs-Programm bekämpfen

Ob Hypnose, Betäubung oder autogenes Training: Viel sinnvoller als kurzfristige Ansätze ist ein grundlegendes Verarbeiten der Ursache hinter Ihrer Angst vorm Zahnarzt. Denn so wird die Angst nicht schon vorm nächsten Besuch wieder zum Problem. Als hilfreich hat sich hier das Fünf-Sitzungs-Programm nach Wannemmüller erwiesen, bei dem Sie mit Hilfe eines Psychotherapeuten oder ausgebildeten Zahnarztes Ihre Angst bekämpfen.

  1. Sitzung: Kennenlernen, Anamnese, Bewusstwerden der Angstsituationen und -reaktionen
  2. Sitzung: Erarbeiten hilfreicher Gedanken, Grundlagen der angewandten Entspannung kennenlernen
  3. Sitzung: Erlernen von Techniken zur Atementspannung, während sich der Patient ein Video einer Behandlung ansieht
  4. und 5. Sitzung: Üben der individuellen Entspannungstechniken

Erste Erfolge zeigen sich meist bereits nach den ersten Sitzungen, das Programm weist eine Erfolgsquote von ca. 75 % auf.

Letzter Ausweg: Vollnarkose

All das hilft nichts? Dann kommt eine Vollnarkose in Betracht. Diese dürfen Zahnmediziner jedoch nicht selbst durchführen, sondern ein Anästhesist muss die Narkose verabreichen und begleiten. Diese Notfallstrategie ist aber keine langfristige Lösung. Zudem kann sie Nebenwirkungen mit sich führen und sie wird nur im äußersten Notfall von der Krankenkasse übernommen.

Schon im Kindesalter der Angst vorm Zahnarzt vorbeugen

Damit eine Zahnarztphobie gar nicht erst entsteht, sollten Eltern mit ihren Kindern ab dem ersten Zahn regelmäßig zum Zahnarzt gehen. Kleinkinder sollten dabei auf dem Schoß der Eltern sitzen dürfen, die Sicherheit ausstrahlen und die Ängste ihres Kindes ernst nehmen. Spielzeug, Tricks und Späße, Hörspiele oder eine Belohnung im Nachhinein können den Zahnarztbesuch zu einem positiven Erlebnis werden lassen. Wenn Kinder den Besuch beim Zahnarzt in Verbindung mit schönen Erinnerungen abspeichern, können eine Phobie oder Angst vor dem Zahnarzt gar nicht erst entstehen.

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